Nach dem am 5.12.2012 beschlossenen Bauproduktengesetz, welches am 1.7.2013 in Kraft getreten ist, müssen Hersteller von Bauprodukten, welche in Deutschland (und den EU-Wirtschaftsraum) verkauft und in Verkehr gebracht werden sollen, die Leistungserklärung gemäß BauproduktenVerordnung 305/2011/EU Anhang III abgeben.
Die Abgabe wird vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) und in den Ländern durch die diesem untergeordnete Marktüberwachung überwacht.
Im Wesentlichen sind die bereits im Rahmen der Konformitätserklärung vorgegebenen Prüfungen hier erneut zu belegen.
In zwischenzeitlich bereits vom Sachverständigen begleiteten Verfahren, stellte sich jedoch heraus, dass die Marktüberwachung keinerlei Auslegungsspielraum zulässt. Insbesondere ist hiernach bei Widersprüchen die BauVO stets und eindeutig vorrangig zu den entsprechenden Normen zu beachten.
Hieraus ergeben sich Widerspüche. Ein Beispiel im Bereich Tore
Die Normenlage besagt, dass Tore so gestaltet werden müssen, dass sie einem festgelegten , durch Wind verursachten Differenzdruck widerstehen können, hierzu sind diese den in EN 12424 festgelegten Windlastklassen zuzuordnen.
Nach Tabelle ZA.3 muss die Erstprüfung durch eine anerkannte Prüfstelle erfolgen.
EN 13241-1:2011 verweist bezüglich der Klassifizierung auf EN 12424:2000 bzw. Berechnung und Prüfung auf EN 12444:2000 hin.
Es gilt somit für die Prüfung EN 12444
Hier wird einleitend festgelegt:
Das Ziel von Festigkeitsprüfungen und Berechnungen nach der vorliegenden Norm besteht darin zu bewerten, ob die Festigkeit der Toranlage ausreicht, die wesentlichen Anforderungen in den Richtlinien zu erfüllen und sicherzustellen, dass die Produkte unabhängig von ihrem Zustand sicher bleiben. Prüfungen und/oder Berechnungen dürfen vom Hersteller und/oder von einer zugelassenen Prüfstelle durchgeführt werden.
Dem ist klar zu entnehmen, dass die notwendigen Prüfungen auch vom Hersteller nach den Regeln der EN 12444 durchgeführt werden können.
In den Mindestanforderungen zum Prüfbericht unter Punkt 10 wird in En 12444 folgerichtig unter Punkt c) ausgeführt
- c) Name der zugelassenen Prüfstelle, falls zutreffend;
Dem ist im Umkehrschluss zu entnehmen, dass dies entfällt sofern keine zugelassene Prüfstelle eingeschaltet wurde.
Nach der seit dem 1.7.2013 umgesetzten BauVO gilt dies nun nicht mehr.
Art. 46 (1) Auf Antrag des Herstellers und soweit dies aus technischen, wirtschaftlichen oder logistischen Gründen gerechtfertigt ist, können notifizierte Stellen die Prüfungen nach Anhang V für die Systeme 1+, 1 und 3 zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit durchführen oder unter ihrer Aufsicht durchführen lassen, und zwar entweder in den Fertigungsstätten selbst unter Verwendung der Prüfeinrichtungen des internen Labors des Herstellers oder nach vorheriger Zustimmung des Herstellers in einem externen Labor unter Verwendung der Prüfeinrichtungen dieses Labors.
BauVO
Obwohl es sich hierbei um eine kann und nicht eine muss Vorschrift handelt, ist diese laut MÜ als muss zu verstehen.
Und so wird es in der BauVO auch an anderer Stelle im Anhang V System 3 dann auch benannt
b) Das notifizierte Prüflabor stellt anhand einer Typprüfung (auf der Grundlage der vom Hersteller gezogenen Stichprobe), einer Typberechnung, von Werttabellen oder von Unterlagen zur Produktbeschreibung den Produkttyp fest.
Somit gilt EN 12444 nicht, da die BauVO den EN Regelungen vorsteht. Die BauVO hat die Situation für die Hersteller somit deutlich erschwert und nicht wie Eingangs der BauVO ausgeführt, erleichtert!
Ein weiteres vakantes Problem ergibt sich aus der Beschreibung der Prüfung nach System 4. Eine Vielzahl von Herstellern aus dem Bereich Sonnenschutz haben bislang die vorgeschriebenen Prüfungen nach System 4, wie bislang vorgesehen, geleistet was letztlich bedeutet selbst durchgeführt.
In DIN EN 13561:2015 wird ausdrücklich auf die Bau VO verwiesen und dort auf Anhang V, wie oben stehend.
DIN EN 13561:2015 benennt unter ZA.2.2.3 ein Beispiel und benennt System 4 als systemrelevant.
Dies ist leider nicht korrekt!
System 4 gilt nach Art.37 BauVO ausschließlich für Kleinstunternehmen nach 3003/361/EG.
Dies wiederum beschränkt den Jahresumsatz auf 2 Mio. und die Mitarbeiteranzahl auf max. 10. Somit dürfte System 4 für die Mehrheit der Unternehmen im Sonnenschutz nicht anwendbar sein.
Es gilt somit nach BauVO System 3 und damit zwingend die Prüfung durch eine benannte Prüfstelle.
Die hier benannte Sichtweise deckt sich nach Rückfrage bei der Marktüberwachung Düsseldorf für NRW mit der geltenden Rechtslage.
Nahezu alle Hersteller von Sonnenschutzsystemen haben bislang die Windlastprüfungen gemäß DIN EN 1932 selbst, und damit regelkonform, durchgeführt.
Mit Inkrafttreten der BauVO sollte diese das Prozedere erleichtern, hat dieses aber für die Mehrheit der Marktteilnehmer nun deutlich erschwert.
Sachverständigenbüro Dipl.Ing. Gerd-Joachim Müller Messeturm 9.Etage 60308 Frankfurt +49 [0]172 6905226